1. Urologische Woche in Zomba – „ A come together and Clinical course”
3. Juni – 7. Juni 2019
3. Juni 2019 – Kennenlernen
Am Montag erfolgte zunächst die Vorstellung im surgical office und die Einladung aller zu den Veranstaltungen der urologischen Woche durch Dr. Ludzu. Das Wiedersehen mit Duncan Goche, mit dem ich seit 2017 in Kontakt stehe, erfreute mich sehr. Im Rahmen des Projektes konnte Dr. Wanangwa Chisenga die Reise aus Zambia über Lilongwe nach Zomba ermöglicht werden. So trafen wir mit dem angehenden Urologen in Zomba zusammen, dessen Ausbildung vom Global International Project in Kanada gefördert wird.
In der ersten Veranstaltung trafen dann die beteiligten malawischen, kanadischen und deutschen Interessenten und Unterstützer verschiedener Berufsgruppen unter der Moderation von Dr. Ludzu und Dr. Mothes zusammen. Neben den genannten konnte u.a. auch Gloria Chipao begrüßt werden. Sie wurde im Rahmen des BENGO-Förderprogramms vom Verein als erste urologische OP-Schwester am ZCH eingestellt.
In Vorbereitung der Reise nach Zomba war es Henning Mothes und der urologischen Arbeitsgruppe gelungen, von der Fa. Karl Storz ein komplettes Resektoskop sowie ein Arbeitszystoskop einschl. Optiken, Zubehör und Lichtquelle entgegen nehmen zu können. Die Instrumente wurden im Rahmen einer kleinen feierlichen Zeremonie übergeben.
Somit konnten die Instrumentenressourcen am ZCH für die endourologischen Eingriffe, wie TUR-Blase, TUR-Prostata, Zystoskopie und Steinbehandlung erweitert werden.
Später gab es eine gemeinsame ward round mit Mr. Goche, Mr. Nyirenda, Dr. Chisenga, Dr. Singal, Dr. Heimrath und Dr. Weidemann.
04. Juni 2019 – OP-Tag
Zunächst wurde der Tag nach der Frühbesprechung durch Dr. Rajiv Singal mit dem Vortrag „Prostatectomy – a procedure needed in Malawi ?“ eröffnet.
Im Anschluss wurde mit dem urologischen OP-Programm erstmals in zwei Sälen parallel begonnen. Die Eingriffe wurde in je einem Saal von den kanadischen bzw. deutschen Urologen unterstützt und durch Dr. Chisenga, Mr. Goche und Mr. Nyirenda durchgeführt. Von Seiten der Anästhesie wurden die OP-Tage von Mr. Kalima, und den c.o.`s abgesichert, die durch Dr. Georgieff und Dr. Kramer unterstützt werden konnten. Es konnte ein umfangreiches Teaching bei der TUR-P, Urethrotomie und TUR-B erfolgen. Als schwierig an beiden Tagen erwies sich, dass für gleichzeitig anstehende endourologische Eingriffe die Bildtechnik nur einmal vorhanden war, was durch Improvisation und Abstimmung mit etwas Geduld lösbar war. Erfreulich, dass das Urethrotom, welches wir 2017 nach Zomba brachten, in Ordnung und einsatzfähig war. Außerdem wurde eine offene Adenomektomie bei großer BPH problemlos durchgeführt. Unsere neue OP-Schwester Gloria Chipao wurde in das Programm integriert und step by step an die anspruchsvolle Vor-und Nachbereitung der empfindlichen Instrumente herangeführt.
Operating Theatre: u.a. Wanangwa Chisenga, Duncan Goche und Christian Weidemann
Wie bereits bei unserem letzten Besuch 2017 (Erstellung der aktuellen Inventarliste, Beschriftung und Sortierung der Boxen, Beschriftung des store rooms) engagierte sich die Gruppe, besonders Olivier Heimrath, sämtliche Instrumente zu checken, sortieren und Aufbewahrungs- und Steriboxen zuzuordnen.
Sichtung des urologischen Instrumentariums, packen der Steriboxen
Abschließend erfolgte die gemeinsame postoperative Visite auf ward 12/13.
05. Juni 2019 – Der Tag des Symposiums
Trotz des kurzfristig aufgefallenen Feiertages am Mittwoch war das Interesse sehr groß, sodass eine große Teilnehmerzahl zu Stande kam. Neben den urologischen Interessengruppen nahmen Vertreter aus der Verwaltung, der Gynäkologie, Radiologie, Anästhesie und Inneren Medizin des ZCH sowie Gäste aus Blantyre an der Veranstaltung teil.
Dr. Ludzu führte moderierend durch die Vorträge und Diskussion.
Der Direktor Dr. Joshua richtete einige Worte der Begrüßung mit einem optimistischen Ausblick für die Urologie an die Teilnehmer.
Olivier Heimrath berichtete über das district urology camp. Im Rahmen dessen führten Duncan Goche und Enock Ludzu urologische Operationen in auswärtigen district Hospitals durch.
Im Teil 1 des Programms berichtete Mr. Goche über den Stand der urologischen Versorgung in Malawi und Zomba, Dr. Chisenga über die Entwicklungsmöglichkeiten der Urologie am ZCH. Es entwickelte sich eine rege, ideenreiche Diskussion zu den Problemen und Möglichkeiten einer urologischen Versorgung in Malawi bzw. Zomba. Henning Mothes und Rajiv Singal brachten hier strategische Überlegungen aus Sicht der deutschen und kanadischen Förderprogramme ein. Im 2. Teil nahmen die Vorträge über die urologische pflegerische Versorgung auf der Station einschl. präoperativer Vor- und postoperativer Nachbearbeitung sowie die Aspekte der OP-Pflege einen breiten Raum ein. Hervorzuheben sind die aufschlussreichen Präsentationen u.a. von Gloria Chipao, Mr. Napawa und Mrs. Zuza, die durch Henning Mothes unterstützt wurden.
Im letzten Teil schlossen sich die Fachvorträge zur transurethralen Prostataresektion und offenen Prostataadenomektomie durch Christian Weidemann und Wanangwa Chisenga an. Auf Grund der Häufigkeit obstruktiv bedingter Blasenentleerungsstörungen mit oft jahrelanger Katheterversorgung besteht in Malawi ein weiter wachsender Bedarf an den genannten Eingriffen, die bereits fester Bestandteil des Spektrums am ZCH sind.
Nach einer längeren Diskussion und abschließendem Gebet schlossen in spürbarer Aufbruchstimmung Enock Ludzu und Henning Mothes das Symposium mit der Einladung zum gemeinsamen Essen ab. Im Mini-Bus-Shuttle ging es für alle Teilnehmer dann zum verspäteten lunch.
Am späten Nachmittag Treffen zur OP-Vorbereitung mit präoperativer Visite im kleineren urologischen Rahmen auf den Stationen 12/13/10 (W. Chisenga, D. Goche, D.Nyirenda, R. Singal, O. Heimrath, C. Weidemann).
06. Juni 2019 – Theatre list
Wieder standen den Teams zwei Säle zur Verfügung. Bei den insgesamt acht vorwiegend endoskopischen Eingriffen, die auf Grund der begrenzten Bildtechnik wieder von der Improvisation und wechselseitigen zeitlichen Organisation lebten, konnten Patienten mit Harnröhrenstriktur, Blasentumoren und Prostatahyperplasie behandelt werden. In wechselnder Assistenz konnten Dr. Chisenga, Mr. Goche und Mr. Nyirenda gecoacht werden.
Am Abend trafen sich die Familien von W. Chisenga und D. Goche mit E. Ludzu, den kanadischen Urologen und der deutschen Gruppe um Henning Mothes und Christian Weidemann zum Austausch und Ausklang beim gemeinsamen Diner.
07.Juni 2019
Am letzten der Tag der urologischen Woche fand nach der Morgenbesprechung eine Diskussionsveranstaltung im Besprechungsraum des Direktors statt. Enock Ludzu und Henning Mothes begrüßten Prof. Eric Borgstein aus Blantyre, der über die Ausbildungsprogramme von COSECSA berichtete.
An dem Treffen nahmen u.a. neben Direktor M. Joshua und T. Chisale von der Verwaltung, W. Chisenga, E. Ludzu, E. Borgstein, H. Mothes, R. Singal, O. Heimrath, C. Weidemann, D. Goche, C. Mabedi teil. Dr. Mabedi aus Lilongwe ist Urologe, der sich z.Zt. im Ausland weiter bildet und eigens zu diesem Meeting nach Zomba gereist ist.
Es entwickelte sich eine angeregte Diskussion zu Personal, Ausbildung weiterer Urologen möglichen Vereinbarungen, Zeitplänen. Anschließend wurden von Mr. Chisale die Baupläne des ZCH unter dem Gesichtspunkt des Baus der urologischen Station präsentiert. M. Joshua befürwortet den Neubau, ggf. auch zweistöckig. Danach besichtigten die Teilnehmer den möglichen Gebäudestandort vor Ort.
Offiziell beendet wurde die Veranstaltung mit einem gemeinsamen Lunch.
Im Anschluss wurden eine Reihe organisatorischer Fragen von Henning Mothes u.a. mit W. Chisenga, D. Goche und G. Chipao besprochen.
Eine kurze postoperative ward round mit D. Goche, W. Chisenga und C. Weidemann beendete am späten Nachmittag die gemeinsame urologische Woche.
Fazit:
Aktuell ist kein Urologe in Malawi tätig. Auf Grund der hohen Zahl an subvesikalen Obstruktionen bei Prostatahyperplasie, infektiös oder traumatisch bedingten Harnröhrenstrikturen, Harnsteinen, teils fortgeschrittener Harnblasentumore vor allem in Folge der Bilharziose und anderer Krankheitsbilder besteht ein hoher Bedarf an urologischer Versorgung. Am ZCH werden urologische Patienten bisher durch die chirurgische Abteilung soweit dies möglich ist versorgt, vor allem durch Duncan Goche, Daniel Nyirenda und Dr. Enock Ludzu. Teams aus Kanada und Deutschland unterstützen die urologische Versorgung am Krankenhaus im Rahmen zeitlich begrenzter Visiten seit 2016 vor Ort. Duncan Goche konnte auch nach seinen Hospitationen in Deutschland das operative Spektrum erweitern. Neben den transurethralen Resektionen und Urethrotomien führt er die offenen Prostataadenomektomien sicher durch. Erstmals operierte er nach seiner Hospitation 2018 eine plastische Harnröhrenstrikturrekonstruktion mit Mundschleimhauttransplantat selbständig am ZCH im März 2019.
Die Qualität der Versorgung konnte darüber hinaus durch die nun vorhandene Verfügbarkeit von Laborwerten wie Blutbild, Kreatinin und Blutzucker gesteigert werden.
Mit dem Ziel einer eigenen urologischen Abteilung, die auf malawischen Füßen stehen soll, trafen sich erstmals die „stakeholder“ aus Malawi, Kanada und Deutschland in Zomba. Die Bündelung der laufenden Förderprogramme für die Ausbildung und Abstimmung der Maßnahmen konnte gemeinsam besprochen werden. Als Erfolg kann u.a. die Einbindung der nurses in die Woche einschl. der ersten urologischen OP-Schwester gewertet werden. Das Interesse an der Urologie ging über das ZCH hinaus, was durch die Teilnahme der Kollegen aus Blantyre und von Dr. Mabedi zum Ausdruck kam. Die gemeinsame Zeit mit Dr. Chisenga, dem potentiell ersten Arzt für Urologie am ZCH war für das Projekt von großer Bedeutung. Eine Hospitation für W. Chisenga und G. Chipao in Deutschland (geplant in Erfurt) soll für den Herbst 2019 ermöglicht werden. Insgesamt konnten großes Interesse und eine Aufbruchstimmung festgestellt werden. Regelmäßige Besuche in Zomba sind erforderlich.
Auf Grund der vielen Anstöße, die die Tage in Zomba gegeben haben, hat sich die anstehende Arbeit für die Projektgruppe Urologie vervielfacht. Ein kurzfristiges Ziel muss die Vergrößerung unserer Arbeitsgruppe sein, da die vielen Aufgaben von dem kleinen Team nur schwer bewältigt werden können.
Christian Weidemann im Juni 2019